«Mit EFAS geben die Krankenkassen den Tarif durch»


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    Wir stimmen am 24. November über die Einheitliche Finanzierung der ambulanten und stationären Leistungen EFAS ab. Pierre-Yves Maillard, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes und SP-Ständerat, erklärt, wie gefährlich diese Vorlage für das Budget der Patienten und Prämienzahler ist. EFAS führt über kurz oder lang zu höheren Prämien, verschlechtert die Arbeitsbedingungen und schadet der Pflegequalität. Deshalb NEIN zu EFAS.

    (Bild: zVg) Pierre-Yves Maillard, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes und SP-Ständerat: «Mit EFAS wird das Gesundheitswesen noch stärker auf Profit ausgerichtet.»

    Das Stimmvolk entscheidet am 24. November über die Änderung des Krankenkassenversicherungsgesetzes respektiv die Einheitliche Finanzierung von Leistungen EFAS. Erklären Sie kurz: Um was geht es hier?
    Pierre-Yves Maillard: Mit EFAS sollen künftig alle Leistungen in der Grundversicherung mit dem gleichen Verteilschlüssel zwischen Prämien und Steuergeldern finanziert werden – in den Spitälern, in den Praxen, in den Heimen und bei der Pflege zu Hause. Gleichzeitig sollen neu alle Gelder zentral nur noch von den Krankenkassen verwaltet werden. Das heisst, diese würden künftig neben den Prämiengeldern auch über 13 Milliarden Steuergelder verfügen.

    Was sind Ihre Hauptgründe für ein Nein zu EFAS?
    EFAS führt über kurz oder lang zu höheren Prämien, was bei der heute schon unhaltbar hohen Prämienlast absolut inakzeptabel ist. Auch die Kostenbeteiligung – also das, was die Versicherten aus der eigenen Tasche zusätzlich bezahlen – wird steigen. Und in den Heimen und bei der Spitex wird der Spardruck steigen und damit die Behandlungsqualität sinken.

    Die Vorlage soll die Kosten des Gesundheitswesens senken. Sie befürchten allerdings zusätzliche Prämienerhöhungen. Wie werden denn nun durch die Revision die Karten der Finanzierung neu gemischt?
    Zentral ist Folgendes: Die Prämienzahlenden werden sich mit EFAS immer stärker an den wegen der Demografie schnell wachsenden Kosten der Pflege im Alter beteiligen müssen. Heute ist dieser Beitrag gedeckelt und mit EFAS wird der Beitragsdeckel ganz einfach aus dem Gesetz gestrichen, verrückt!

    Was ändert sich durch die EFAS-Reform konkret für Patienten, beispielsweise für solche, die eine Operation vor sich haben?
    Es ändert sich vor allem in ihrem Portemonnaie etwas: Wenn sie eine stationäre Behandlung haben, also im Spital übernachten müssen, werden sie künftig auf die gesamten Kosten Franchise und Selbstbehalt bezahlen müssen. Heute entfällt diese Kostenbeteiligung nur auf knapp die Hälfte der Kosten. Für eine Blinddarm-Operation, beispielsweise, müssten PatientInnen mit EFAS fast 400 Franken mehr aus der eigenen Tasche berappen.

    Sie argumentieren, EFAS schade der Pflegequalität und verschlechtere die Arbeitsbedingungen. Warum?
    Mit EFAS geben künftig wortwörtlich die Kassen den Tarif durch: Sie verteilen das Geld und sie bestimmen massgeblich den neuen Tarif für Pflegeleistungen. Dabei läuft es auf einen Dumpingtarif hinaus, denn es muss ja gespart werden! Doch geschehen kann dies nur auf dem Buckel des Personals und zu Lasten der Qualität.

    Sie befürchten EFAS führt zu höheren Kosten für Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner. Können Sie das kurz erklären?
    Heute bezahlen Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner pro Tag höchstens 23 Franken aus der eigenen Tasche. Auch dieser Deckel wird aus dem Gesetz gestrichen und kann nach einer Übergangsfrist vom Bundesrat laufend erhöht werden. Dass der Bundesrat dies auch tun wird, ist klar, denn er will ja sogar die Mindestfranchisen erhöhen!

    Warum ist mit einem JA zu EFAS die öffentliche Gesundheitsversorgung in Gefahr?
    Mit EFAS bestimmen künftig die Kassen, wo es lang geht. Und gleichzeitig wird das Modell der Spitalfinanzierung neu auf die Pflegeheime ausgeweitet. Die Erfahrung hat gezeigt, wohin dies führt: höhere Prämien, grosse Defizite für öffentliche Spitäler mit Grundversorgungsauftrag und hohe Gewinne für profitorientierte Firmen, die sich die Rosinen picken.

    Die Kosten des Gesundheitswesens steigen seit Jahren. Weshalb schafft es die Politik nicht, hier endlich Gegensteuer zu geben?
    Das Gesundheitswesen ist ein 90-Milliarden-Markt. Entsprechend stark ist die Lobby der Profitinteressen im Parlament. Pharma, Privatkliniken, SpezialärztInnen etc.: Sie alle wollen, dass das Geld weiter fliesst wie bisher. Bei der gleichzeitigen unsozialen Finanzierung fahren sie das System damit an die Wand.

    Welche weiteren Massnahmen braucht es langfristig, um die Kostenspirale zu stoppen?
    Zur Senkung der Kosten braucht es neue Tarifsysteme, eine Eindämmung der Geschäftemacherei der Kassen insbesondere mit den Zusatzversicherungen, viel tiefere Medikamentenpreise, mehr Planungskompetenz bei Bund und Kantonen und endlich eine Digitalisierungsoffensive.

    Was passiert, wenn EFAS an der Urne angenommen wird?
    Dann wird das Gesundheitswesen noch stärker auf Profit ausgerichtet. Die normalen Bürgerinnen und Bürger werden weiterhin unter horrenden Kopfprämien leiden und diese werden sogar noch schneller steigen – bei gleichzeitig sinkender Qualität. Das ist wirklich kein erstrebenswertes Szenario.

    Interview: Corinne Remund

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