Schweizer Pärke – Die grossen Unbekannten

    Jedes Kind kennt den Schweizer Nationalpark im Unterengadin. Aber wer weiss schon, dass es daneben in der kleinräumigen Schweiz noch 20 weitere Pärke gibt, vom Naturpark Chasseral bis zum Landschaftspark Binntal? Hier nehmen wir den Naturpark Gantrisch südlich von Bern etwas genauer unter die Lupe.

    (Bilder: Ruedi Horber) Ein Eldorado für Sportler und Geniesser: Ski- und Schneetouren im Gantrischgebiet bieten Wellness pur vor einem atemberaubenden Panorama.

    Schweizer Pärke sind 19 aussergewöhnliche Regionen mit wunderschönen Landschaften und lebendigen Traditionen und bedecken fast 13 Prozent der Landesfläche. Sie sind der Nachhaltigkeit verpflichtet und sollen unverwechselbare Natur- und Kulturlandschaften erhalten und fördern. Ganz entscheidend ist das Engagement der lokalen Bevölkerung, die bei der Projektierung, der Errichtung und beim Betrieb eines Parks aktiv mit einbezogen wird. Die Gemeinden bilden das zentrale Element der Parkträgerschaft. Im Gegensatz zum Nationalpark steht nicht der absolute Naturschutz im Vordergrund, sondern einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung und der regionalen Wertschöpfung kommt ebenso grosse Bedeutung zu.

    Zehn Jahre Naturpark Gantrisch
    Einer der jüngsten Pärke ist der 2012 gegründete Naturpark Gantrisch im Dreieck Bern – Freiburg – Thun. Er ist stark land- und forstwirtschaftlich geprägt, arbeiten doch viermal mehr Arbeitnehmende im ersten Sektor als im Schweizer Durchschnitt. Wälder, Canyons und die einmalige Gantrischkette prägen die Landschaft. Die Gegend ist auch reich an Sagen und Geschichten, so jene vom «Vreneli ab em Guggisberg.» Im Parkgebiet gibt es schliesslich eine grosse Anzahl kulturhistorisch besonders wertvoller Objekte wie die Schlösser im Gürbetal, die Bäder im Gurnigelgebiet, die Kapelle Schwarzenburg oder die Brücken im Sense- und Schwarzwassergebiet. Zudem sind acht Museen mit teilweise internationaler Ausstrahlung und drei Sternwarten angesiedelt. Ausdrückliches Ziel der Parkleitung ist neben dem Naturschutz sowie kulturellen und touristischen Angeboten die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen und die Steigerung der regionalen Wertschöpfung.

    Skifahren im Winter – Wandern im Sommer
    Der Naturpark Gantrisch ist aber auch ein Eldorado für Sportler und Geniesser: Im Winter Skifahren auf familienfreundlichen Pisten im voralpinen Gelände, Langlauf sowie einfache und anspruchsvolle Ski- und Schneeschuhtouren in der Gantrischkette. Im Sommer lockt neben den vielen Wanderwegen der ziemlich schwierige, aber kurze Klettersteig auf das Wahrzeichen des Parks, den Gipfel des Gantrisch. Oder wie wäre es mit einem gemütlichen Picknick am idyllischen Gantrischseeli mit der ganzen Familie? Ambitiösere Sportler klettern auf die Nünenen oder wandern bzw. trailen vom Schwarzsee bis zum Stockhorn: Falls man dabei die 14 Wandergipfel mitnimmt, bewältigt man gegen 6000 Höhenmeter und rund 40 Kilometer. Es sind zwar nicht die 14 Achttausender im fernen Himalaya, aber auch eine echte sportliche Herausforderung, klimaverträglich sozusagen vor der eigenen Haustüre.

    Ruedi Horber


    «Dr Naturpark isch üsi Zuekunft»

    Drei Fragen an Lydia Plüss, Geschäftsführerin Naturpark Gantrisch

    Was sind die drei Hauptattraktionen des Parks?
    Lydia Plüss: Es gibt diverse Klassiker im Park, die auch immer wunderbare Fotosujets ergeben, so zum Beispiel der Gäggersteg, die Klosterruine Rüeggisberg oder die Grasburg. Die Region aber auf diese zu reduzieren, das greift deutlich zu kurz. So machen die einmalige Kulturlandschaft, Wälder, spektakulären Schluchten und nicht zuletzt all die Menschen die hier leben und arbeiten, den Naturpark Gantrisch zu dem, was er ist. Und wir sind keine Unbekannten: seit mehreren Jahren gelten wir als der bekannteste regionale Naturpark der Schweiz.

    Wie hat sich die regionale Wertschöpfung in den letzten 10 Jahren entwickelt?
    Die Wertschöpfung aus den regionalen Produkten nimmt zu. Im Jahr 2020 wurden damit rund 6,5 Mio. Franken Umsatz erwirtschaftet. Genaue Zahlen zur gesamten Wertschöpfung in der Region sind schwer zu generieren. Insgesamt kann man festhalten, dass die Region touristisch bekannter geworden ist und sich entwickelt hat. Die Wertschöpfung aus diesen Dienstleistungen ist damit auch gestiegen. Wobei gerade bei den Übernachtungen noch Entwicklungspotential besteht. Hier geschieht auch gerade ein Wandel hin zu einem breiteren Angebot.

    Wo steht der Park in 10 Jahren?
    Die Region und mit ihr die Menschen, die Kultur, Natur und die Wirtschaft, sollen sich in den kommenden zehn Jahren weiterhin nachhaltig entwickeln können. Nutzen und Schutz gehen miteinander einher. Wir verstehen uns als Modellregion für nachhaltige Entwicklung. Das ist unser Auftrag als Förderverein Region Gantrisch.

    Die Herausforderungen sind nicht wenige. Sehr viele Menschen im Parkperimeter engagieren sich jedoch stark für eine positive Entwicklung, sind kreativ und gut vernetzt. Es wird viel passieren in dieser Zeit, ganz im Sinne unserer Vision: Dr Naturpark isch üsi Zuekunft.


    Fakten zum Naturpark Gantrisch

    Fläche: 404 km2
    Einwohner: 47’046 (2020)
    Kantone: Bern / Freiburg
    Anzahl Gemeinden: 19
    Höchster Punkt: Schafberg 2239 m
    Tiefster Punkt: Flughafen Belp 510 m

    Weitere Informationen:
    www.gantrisch.ch

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